Kosmos - Raum und Zeit - Text 2 von 2 - ergänzt durch eine Polemik  
 

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  Die Kosmos-Arbeiten haben eine Farb-Wahrnehmungsstruktur, die naturalistisch anmutet, weil das Hervortreten und Verschwinden von Farbigkeit - Dämmerungen vergleichbar - berücksichtigt wird.
Seit den Dialoge-III betitelten Arbeiten werden bunte und unbunte Farbebenen zu sogenannten Substanzen geschichtet. Wie kommen die Farben (und auch das Wasser) aufs Papier? Sie werden von Hand aufgetragen, gestrichen, vielleicht gemalt. Es ist eine Situation, die nicht der Abstraktion nach der Erfahrung von Gegenständlichkeit entspricht - sondern eher einer (körperlich gebundenen) urtümlichen davor. Die Situation lässt sich als eine Balance zwischen bereits Geste und noch nicht Form beschreiben, wobei mit Geste ein Tun und mit Form ein Ergebnis gemeint ist. Man könnte diese Balance auch als eine zwischen Werden und Sein bezeichnen.

Alle am Kunstleben Beteiligten sind unter anderem abhängig von öffentlicher Aufmerksamkeit, was für die Künstler, die Händler, die Kritiker, die Sammler, die Aussteller gleichermaßen gilt; die Liebhaber von Kunst lassen wir einmal außen vor. Sie alle unterliegen einem Wettbewerb, den z. B. der Künstler mit Künstlern und der Aussteller mit Ausstellern austragen. Doch zwischen diesen verschiedenen Wettbewerben gibt es eine klare Trennlinie - der Künstler als Produzent von Kunst auf der einen Seite und alle übrigen auf der anderen als jene, die im erweiterten Sinne mit Aussagen über Kunst beschäftigt sind.
Diese Trennlinie ist gleichzeitig auch die von Kunst und Kultur, denn eine künstlerische Arbeit ist einem künstlerischen Kontext verpflichtet und zuerst einmal keine kulturelle Angelegenheit, aber ihre Präsentation ist es auf jeden Fall. So muss oder sollte, das wäre das Ideal, der an Kunst Interessierte über den kulturellen Umstand zum künstlerischen Zustand zurückfinden können. Was sonst sollte man unter Rezeption verstehen?

  Die Dynamik zwischen der Produktion und der Präsentation von Kunst hat sich in den letzten Jahren, Jahrzehnten mehr oder weniger aufgelöst durch eine Form der Zusammenarbeit, die vor allem in der Installation ihren Ausdruck findet. Die Allianz zwischen Herstellern und Ausstellern ist eigentlich selbstverständlich, denn selbst das autonomste Werk braucht einen Erlebnis-Raum. Die sogenannte Installation hat jedoch eine bedenkliche Entwicklung genommen, weil innerhalb der Kooperationen der künstlerische Anteil durch einen thematischen bzw. anekdotischen Verweis ersetzt wird. Dies hat den Dilettanten Tür und Tor geöffnet, und so ist die Installation vor allem das Terrain der Alleskönner geworden. Da wird nicht nur gemalt und gezeichnet, sondern auch geformt und montiert, fotografiert und gefilmt, getanzt und gesungen, gestrickt und genäht, geschrieben und gesprochen - nicht selten von allem etwas.
Was mit der Objektkunst als andere Form der Skulptur begann und in der raumbezogenen Kunst (als eine Neubewertung im Verhältnis von Raum und Gegenstand) eine Fortsetzung fand, hat sich in der Installation vor allem durch den Hinweis auf etwas außerhalb von Kunst reduziert - auf etwas, das in der Regel allen bekannt ist bzw. von allen nachvollzogen werden kann. Nun muss man einräumen, dass sich an alle Werke Geschichten anhängen und angehängt haben, weil wir sie ständig parat haben, aber es ist ein Unterschied, ob ein kulturelles Erlebnis einen künstlerischen Kern hat oder ob dieser durch ein inhaltliches Argument ersetzt wird.
Aber was ist ein künstlerischer Kern? Da gibt es viele Antworten und eine könnte lauten: Es ist jene Gleichzeitigkeit, die neben der materialen Sichtbarkeit eines Werks auch dem Immateriellen, Sprachlosen, Metaphysischen (wie immer man es nennen mag) versucht, eine Chance zu geben. Selten genug gelingt dies, und obendrein erfährt dies jeder anders.
 
Die Kunst ist paradox, weil sie das Sprachlose zur Sprache, in diesem Falle das Bildlose zum Bildhaften, bringen will. Vielleicht ist sie auch nichts anderes als der Versuch, das Sichtbare in einen größeren allgemeinen Zusammenhang zu stellen, in welchem es sich als etwas Besonderes erweist. Dieser doppelte Versuch wird vor allem in der Installation häufig umgangen und durch einen gedanklichen Kurzschluss, einen Einfall, ersetzt. So genügen, um Arbeiten zu thematisieren, aus Sicht der Künstler sehr oft die eigenen Biografien oder Lebensumstände; wie häufig begegnet man den notorischen Selbstdarstellern. Aus Sicht der Aussteller sind es eben so oft die räumlichen bzw. architektonischen Situationen oder thematischen Vorgaben. Dabei sind die Ansätze einer künstlerisch-kulturellen Zusammenarbeit durchaus richtig, der Künstler hat nun einmal seine - hoffentlich auch künstlerische - Biografie und der Aussteller den Raum, aber man muss doch nicht beides auf die simpelste Art beim Wort nehmen, indem es zwar zu einem kulturellen Ereignis - jedoch mit künstlerischem Leerlauf - kommt.

Ohne Zweifel gelingt der Installation in der Verschmelzung von Produktion und Präsentation auch immer wieder etwas Besonderes: es ist das Einmalige, was zustande kommen kann, und hier liegt dann auch der Reiz für die Aussteller, ihre Häuser "bespielen" zu können. Die Kehrseite trifft allerdings die Künstler, sie werden zu Schaustellern, sie bauen auf und bauen ab, der Jahrmark mit seinem Unterhaltungswert ist unverkennbar. Dabei wäre gerade die Installation als eine besondere Form der Zusammenarbeit von Kunst und Kultur eine interessante Herausforderung, gäbe es nicht den Anpassungskünstler, für dessen Einfälle sich leider immer wieder ein Interpret findet.