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Es gibt bescheidener
klingende (und auch originellere) Titel für
künstlerische Arbeiten als Kosmos, aber
darum geht es nicht. Vielmehr soll formal eine
Alternative und inhaltlich eine Beibehaltung für
jene Titel gefunden werden, die bisher ein Orte-und-Zeiten-Verhältnis
allerdings an realen Umständen thematisiert
haben. Das
Wort Kosmos suggeriert nicht nur die Vorstellung
von Raum und Zeit, sondern vielmehr noch deren
Verschmelzung, denn man kann nicht auf Anhieb
sagen, ob es sich um einen räumlichen oder
zeitlichen Begriff handelt. Hinzu kommt, dass der
Begriff frei ist von der Vorstellung
alltäglicher Gegenstände. Dies kann als Verlust
oder Leere empfunden werden, doch das Bild
versöhnt, indem es selbst zum Gegenstand wird,
egal von was es erzählt oder berichtet. So
gesellt sich das Bild den alltäglichen
Gegenständen hinzu.
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Nach wie vor gilt (für die eigene
Arbeit) eine strukturelle Arbeitsweise, d. h.,
relative Anschaulichkeiten begründen eine
komplexe Idee bzw. beides steht in einem
Wechselspiel. Da Ideen normalerweise nicht
wahrnehmbar sind, liegt die Aussagelast wie
üblich zuerst einmal auf den Anschaulichkeiten.
Hier enttäuschen unter Umständen die Kosmos-Arbeiten
wegen ihrer Reduzierung, sie scheinen
wiederzugeben, was die Avantgarde vor 100 Jahren
unter dem (späteren) Schlagwort von der
Emanzipation der Mittel entwickelt hat.
Inzwischen gibt es wie selbstverständlich rote
und blaue, schwarze und weiße und auch graue
Bilder. Im Gegensatz dazu haben andere Arbeiten
verschieden große Mengen von Farbigkeit, nicht
selten von einem Zufallsgenerator sortiert. Legt
man jedoch das Kriterium einer komplexen oder
dialektischen Struktur zugrunde, dann sind
einerseits die roten und blauen Bilder nicht
selten willkürlich, denn sie könnten auch grün
oder gelb sein, während andererseits die
größeren Farbmengen oft zufällig wirken. Es
stellt sich die Frage, wie weit der Eindruck des
Willkürlichen von der Gewohnheit und der
Eindruck des Zufälligen von der
Teilnahmslosigkeit bestimmt wird.
Ohne die Vielfalt der künstlerischen Lösungen
infrage stellen zu wollen, versuchen die Kosmos-Arbeiten,
dem willkürlichen und zufälligen Dilemma zu
entgehen, indem sie eine anschauliche (erfahrbare)
Farbigkeit aus der Idee der Farbigkeit, d. h. aus
ihrer Komplexität, entwickeln. |
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Was jedoch ist eine
farbige Komplexität? In dieser Hinsicht haben
Gelb, Rot und Blau zu vielen Lösungen
beigetragen, aber mit ihnen allein ist kein
erweitertes Farb-Bild zu entwickeln. Da bedarf es
einer umfangreicheren, aus Gegensätzen
aufgebauten Struktur, die z. B. das Bunte und
Unbunte, das Helle und Dunkle berücksichtigt -
womit eine Erfahrung widergespiegelt wird, die
jeden Tag im Fortschreiten zu erleben ist.
Und was ist mit der Form? Hier halten sich die Kosmos-Arbeiten
zurück, sie entfernen sich nicht weit von einem
vorgegebenen Ideal - dem weißen Rechteck. Bei
diesem kann es jedoch nicht bleiben (das ist
ausdiskutiert), es muß eingegriffen
werden. Und so ist es, als ob man die Hand in
einen Luftstrom hält; wie sonst sollte man ihn
gewahr werden?
Auf die reale Welt bezogen haben die Kosmos-Arbeiten
keine Bedeutung, sie verweisen auf nichts
Konkretes, aber sie haben einen Sinn und der
liegt in ihrer strukturellen Verbundenheit.
Wenn man versucht, eine relative Wahrnehmung in
einer komplexen visuellen Struktur zu
verallgemeinern, dann geht unter Umständen die
erdgebundene Schönheit der Gegenstände in ihren
Raum-Zeit-Verhältnissen verloren, die Schönheit
an sich - vielleicht nichts anderes als der
archaische Zustand von Sinn - aber nicht. So sind
zuletzt die Kosmos-Arbeiten auch ein
visueller Reigen, den schönen Seiten des Lebens
(zumeist das, was sein könnte) eher zugeneigt
als den Abgründen der Seele. |
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