Erfahrungsfelder  
 

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  Die Variablen Plastiken sind trotz ihrer räumlichen Expansions-Möglichkeiten in erster Linie Objekte. Ihr Sinn liegt in der formalen Erfahrung von Teilen eines Ganzen, was konsequenterweise auch zu einer Erfahrung des konkreten Raumes führt. Dagegen kehren die Erfahrungsfelder die Gewichtung im Verhältnis von Objekt und Raum um. Nun geht es vor allem um die Auswirkung auf den Raum, während die Objekte zurücktreten - nicht ohne Folgen für die Materialien.

Ein 100 Meter langes Seil oder 100 Bretter ergeben für sich betrachtet wenig Sinn, d. h., ihr Sinn ist der, den diese Materialien auch außerhalb eines Kunst-Kontextes haben. Erst in der - vom Nutzen befreiten - Anwendung erlangen sie einen ästhetischen Wert, um den vermeintlich vertrauten Raum neu zu bewerten. So gesehen sind die Arbeiten der Erfahrungsfelder Objekte mit einer endlosen oder offenen Struktur, deren dialektischer Partner der konkrete Raum ist.

  Während die Variablen Plastiken von einer idealen Form ausgehen (schließlich handelt es sich um gebaute Geometrien), bedienen sich die Erfahrungsfelder vorhandener Materialien wie z. B. Holzbalken, Glasstreifen, Hanf- oder Drahtseile, deren unterschiedliche Eigenschaften entsprechende Sensibilisierungen hervorrufen. Für die ästhetische Beschreibung von Räumen eignen sich diese Materialien auf zweierlei Arten: einerseits können sie zufällig oder spielerisch, andererseits können sie geordnet eingesetzt werden. In beiden Ansätzen übertragen sich die materialen Eigenschaften auf den begehbaren, im wörtlichen Sinne zugänglichen Raum ohne Schaufenstereffekt; man ist stets mitten drin. Selbst in den auf den ersten Blick objektbetonten Arbeiten, die sich in der Präsentation nicht als Form, wohl aber als Ort im Raum variieren lassen (wie z. B. die Wippe, die Türschwelle, der Wellenboden), geht es um Raum-Erfahrung, wobei der eigene Körper das Maß bildet. Das klassische Thema der Kunst - die Darstellung des Körpers im Raum - ist anders definiert: der Betrachter steht nicht vor dem Bild, er ist im Bilde.  
Neben der Zurückhaltung der Objekte zugunsten der Raum-Erfahrung ist die Betonung des Körperlichen charakteristisch für die Erfahrungsfelder. In den Arbeiten Überschreiten von Linien ist das Material auf einen Klebestreifen reduziert, doch dieser vordergründige materiale Verlust erweist sich in der Folge als Gewinn. Es reift die Erkenntnis, daß die Beschreibung von Räumen (und das ist mehr denn je das Thema) auch ohne objektgebundene Einstiege möglich ist. So lässt sich der vorhandene Raum als sozialer Raum mit endlosen Bewegungen auffassen - ein Raum, den man formal strukturieren kann; und formal deswegen, um nicht die Geschichten zu erzählen, die bereits bekannt sind (und die in anderen Medien besser aufgehoben sind), sondern um die Voraussetzungen für Geschichten aufzuzeigen. Um eine Metapher zu benutzen: hier geht es um Gefäße, die man füllen kann ohne festzulegen, was man hineingeben soll. Im ästhetischen Sinne geht es um die Erkenntnis formaler Strukturen ais Voraussetzung für inhaltliche; letztere ergeben sich grundsätzlich, weil wir Geschichten ständig mit uns herumtragen. Es ist geradezu unmöglich, etwas zu betrachten, ohne nicht nach der Bedeutung zu fragen; das Ungewohnte kann nur am Gewohnten (als das bereits Bekannte - die Geschichte) gemessen werden.